In-vitro-Gametogenese (IVG) und artifizieller Uterus (AU) – Problemauslöser oder Problemlöser? Ethische, soziale und rechtliche Aspekte zukünftiger reproduktionsmedizinischer Verfahren
Klausurwoche für Early Career Researchers
(19. September bis 23. September 2022, OTH Regensburg)
Bewerbungen bis zum 30. April 2022
Reproduktionsmedizinische Verfahren wie die Intrauterine Insemination (IUI), In-vitro-Fertilisation (IVF), Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) und Eizell-Kryokonservierung, die Menschen mit Fertilitätseinschränkungen dabei assistieren sollen, Kinder zu bekommen, sind in Deutschland beinahe Alltag. Die finanziellen Kosten werden für bestimmte Personengruppen und unter spezifischen Voraussetzungen (teilweise) erstattet und die Verfahren selbst stellen im Rahmen derzeitiger ethischer Evaluationen, Rechtsrahmen und Akzeptanzfragen kaum mehr Konfliktherde dar. Andere reproduktionsmedizinische Maßnahmen, die in Europa und international teilweise Praxis sind, sind allerdings in Deutschland nicht erlaubt; Verbote von Eizellspenden und Leihmutterschaft sollen missbräuchlichen Einsatz verhüten und die Gesundheitsinteressen von Frauen schützen, limitieren jedoch auch Möglichkeiten kinderwunscherfüllender Medizin. Eben deshalb geraten neue, noch im (tier-)experimentellen Stadium befindliche Techniken in den Blick, die anstelle der kritisierten und/oder verbotenen Verfahren genutzt werden könnten. Die In-vitro-Gametogenese (IVG) eröffnet die prinzipielle Möglichkeit, aus induzierten pluripotenten Stammzellen, die zuvor aus menschlichen adulten Zellen (z.B. Hautzellen) gewonnen wurden, ‚künstliche‘ Keimzellen abzuleiten. Die Ektogenese (EG) ist ein Konzept, das eine Schwangerschaft abseits eines ‚natürlichen‘ Uterus denkbar werden lässt. Mit IVG und EG dürften sich allerdings neue normative und soziale Probleme ergeben. Sie schon heute als Alternativen zu bereits verwendeten Methoden, z.B. der Samen- bzw. Eizellspende, Leihmutterschaft und Uterustransplantation zu diskutieren, verspricht notwendige und kritische Impulse für die Begleitung lebenswissenschaftlicher Forschung und klinischer Anwendung, bevor diese Techniken zum Einsatz kommen.
Ziel der Klausurwoche ist es entsprechend, einen interdisziplinären und vergleichenden Ansatz zur Bewertung der ethischen, sozialen und juristischen Aspekte experimenteller Reproduktionstechnologien, vor allem der In-vitro-Gametogenese (IVG) und Ektogenese (EG), zu entwickeln. Der in der Klausurwoche entstandene Austausch zwischen Early Career Researchers (Doktorand*innen/Postdocs) und Expert*innen aus Medizinethik und -recht, Medizingeschichte, Gynäkologie, Reproduktionsmedizin, Technikfolgenabschätzung sowie Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften soll Dimensionen der Bewertung identifizieren und der gemeinsame Arbeitskontext dazu führen, Konzepte zum Umgang mit den anstehenden reproduktionsmedizinischen Herausforderungen zu entwickeln.
Durch Expert*innen und Teilnehmer*innen gestaltete Themen
Grundlagen
* Naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagen von IVG und EG
* Ethische Bewertungshorizonte reproduktionsmedizinischer Maßnahmen
* Derzeitige rechtliche/regulatorische Rahmenbedingungen fortpflanzungsmedizinischer Verfahren in Deutschland und Europa
* Geschichte und Politik der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland und Europa.
Vergleich der medizinischen, ethischen, sozialen und rechtlichen Implikationen von…
* Eizellspende vs. In-vitro-Gametogenese
* Leihmutterschaft/Uterustransplantation vs. Ektogenese.
Mögliche Dimensionen und Implikationen: Stand der Entwicklung, medizinische Erfolgsaussichten, Gesundheitsrisiken, ethische Implikationen, Chancen/Risiken-Matrix, alte und neue Abstammungs- und Elternschaftskonzepte, Aspekte der Inwertsetzung insbesondere von Frauen(-Körpern) und des Zugangs zu den Techniken, demokratische Aushandlungsorte der Reproduktionsmedizin, derzeitige Rechtsbeurteilungen und Perspektiven für eine Fortpflanzungsmedizingesetzgebung.
Weitere mögliche Beschäftigungsweisen
* IVG und EG als Motive von Science-Fiction und künstlerischen Auseinandersetzungen
* Erprobungen szenarienbasierter Forschungsmethodiken
* (Queer-)Feministische und kritische Perspektiven.
Sollten Sie Interesse an der Teilnahme an der Klausurwoche haben, sich aber nicht in den Themen wiederfinden, dann melden Sie sich bitte bei uns.
Bestätigte Expert*innen (Vorträge und Dialogformate)
* Prof. Dr. Heiner Fangerau, Professor für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
* Prof. Dr. Sonja Haug, Forschungsprofessorin und Ko-Leiterin des Instituts für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg.
* Prof. Dr. Jan-Steffen Krüssel, Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe und Koordinator des universitären interdisziplinären Kinderwunschzentrums Düsseldorf (UniKiD) an der Frauenklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
* PD Dr. Susanne Schultz, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
* Taleo Stüwe, Fachbereich Mensch und Medizin, Gen-ethisches Netzwerk (GeN) e.V. und Redakteur*in für den Gen-ethischen Informationsdienst (GID).
* Prof. Sonia M. Suter, Professor of Law, Founding Director of the Health Law Initiative, George Washington University.
Ablauf
Die Bewerber*innen werden gebeten, einen Abstract zu einem der genannten Themen im Umfang von 500 Wörtern bis zum 30. April 2022 unter IVGAUPP-Klausurwoche@oth-regensburg.de einzureichen. Wenn Sie ein Thema einreichen wollen, das oben nicht genannt wurde, aber inhaltlich mit neuen Reproduktionstechniken verbunden ist, sprechen Sie uns an. Bitte senden Sie uns außerdem einen kurzen Lebenslauf zu.
* Abgabe Abstract: 30. April 2022
* Rückmeldung bis: 15. Mai 2022
* Abgabe Vortragsmanuskript: 15. August 2022
* Tagungsdatum: 19. September bis 23. September 2022
* Tagungsort: OTH Regensburg
Rahmenbedingungen
Die Inhalte der Klausurtagung werden durch die Fachvorträge der Expert*innen und Teil-nehmenden gestaltet. Die Teilnehmenden werden darum gebeten, zu ihrem Thema einen Vortrag im Umfang von bis zu 45 Minuten zu halten. Im Anschluss werden die Vorträge diskutiert. Am Ende der jeweiligen Klausurtage sollen wesentliche Erkenntnisse in einem Mapping für eine spätere inhaltliche Dokumentation gemeinsam festgehalten werden. Teilnehmende wie Expert*innen sind dazu eingeladen, ein Paper (auf Basis ihrer Vortragsmanuskripte) zu verfassen. Eine Veröffentlichung der Paper und der Tagungsdokumentation bei einem ausgewiesenen Verlag wird angestrebt. Die Konferenzsprache ist primär Deutsch. Es wird derzeit an einem attraktiven Rahmenprogramm in der reizvollen Veranstaltungslokalität Regensburg gearbeitet.
Erstattung
Bis zu 12 Early Career Researchers können an der Klausurtagung aktiv teilnehmen. Erstattet werden für diese Reise- sowie Übernachtungskosten. Mittagsessen und zwei gemeinsame Abendessen werden ebenfalls übernommen. Die Teilnehmenden erhalten zusätzlich bei Einreichung eines Vortragsmanuskripts eine Aufwandsentschädigung von 300 Euro.
Die Klausurwoche wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Förderkennzeichen: 01GP2130, Projektkürzel: IVG-AU-PP) finanziell gefördert.
Organisation: Prof. Dr. Karsten Weber, Helene Gerhards, Laura Cerullo (alle OTH Regensburg), Vasilija Rolfes (beratend, HHU Düsseldorf)
Für Rückfragen wenden Sie sich gerne an:
* IVGAUPP-Klausurwoche@oth-regensburg.de
Weitere Informationen …
* … auf der Webseite des Instituts für Sozialforschung und Technikfolgenabschätzung (IST) Dort finden Sie auch eine verbreitungsfähige PDF des Calls.
* … auf ResearchGate.